Ehemalige Funkkaserne,, München
Art
Realisierungswettbewerb
Realisierungswettbewerb
Preisgericht
2014/07 – 3.Preis
Bauherr
DEMOS Wohnbau GmbH
Städtebau
Die städtebaulich bedeutsame Eckbebauung an der Einfahrt in das Gelände der ehemaligen Funkkaserne wird als selbstbewusster, nach außen weitgehend geschlossener Kubus mit überwiegend 5 Geschossen vorgeschlagen. Das ausgedehnte Vorfeld der Wohnbebauungen am Frankfurter Ring wird durch einen 6-geschossigen Kopfbau aufgefangen. Die östlich anschließende, 300 m lange Lärmschutzbebauung und die Lärmschutzwände entlang des Frankfurter Rings finden hier einen angemessenen Abschluss.
Während sich der Gebäudekomplex nach außen – auch den Lärm-Immissionen geschuldet, bewusst schließt, öffnet sich die Fassade zum ruhigen Innenhof konsequent und heiter, um der hochwertigen und geschützten Wohnsituation auch im Freien gerecht zu werden. Der nördliche Schenkel der Bebauung folgt dem Winkel der Straße und betont die Sondersituation, gleichzeitig wird hierdurch der Wohnhof räumlich erweitert.
Die westliche Flanke der Neuplanung stellt gemeinsam mit der südlich angrenzenden Bebauung eine einheitlich 5-geschossige Begrenzung des öffentlichen Straßen- und Platzraums her, hinter der sich östlich die privatere und niedrigere Wohnbebauung an der Max-Bill-Straße mit überwiegend 4 Geschossen anschließt.
Das 4-geschossige Wohngebäude im Süden des Baugrundstücks greift den Duktus der Punkthäuser und Kopfbauten im weiteren Verlauf der Max-Bill-Straße auf. Seine Stellung ist mittig auf den Innenhof bezogen und beidseitig freigestellt, um den Hof räumlich zu fassen ohne ihn abzuriegeln.
Fahrerschließung / Parkierung / Anlieferung / Rettung / Müll
Die Tiefgaragenzufahrt und die Anlieferung für die Läden sowie die Unterbringung und Abfuhr des Mülls erfolgen auf kurzem Weg vom Frankfurter Ring am unempfindlichen nordöstlichen Eck des Baugrundstücks. Eine gewisse Umwegigkeit für die nach Westen ausfahrenden Fahrzeuge (Wenden an der nächsten Ampel) wird zugunsten der beschriebenen Vorteile bewusst in Kauf genommen.
Anlieferung entweder – bei kleineren Läden – im Freien direkt vor der Gebäudenordseite oder bei einer großen Ladeneinheit innerhalb des Gebäudes. Die erforderlichen 70 PKW-Stellplätze für die 64 Wohnungen und die Läden können in einem einfachen und übersichtlichen Tiefgaragensystem auf einer Ebene sowie unter Verzicht auf technische Parkierungsanlagen nachgewiesen werden.
Die Feuerwehrzufahrt (und die Anfahrt von Krankentransporten) erfolgt wie auf dem Grundstück des östlichen Nachbarn in der Hauptsache über einen Stich von der Max-Bill-Straße (auf ohnehin befestigten Wegeflächen), die im Einvernehmen der benachbarten Eigentümer – zum beiderseitigen Vorteil – auch zu einem „U“ geschlossen werden könnte.
Wohnungs- und Hofzugänge / Adressenbildung
Die fußläufige Erschließung der Treppenhäuser erfolgt jeweils direkt vom öffentlichen Straßenraum. Jeder Hauszugang verfügt somit über eine eigene, gut auffindbare Adresse.
Der Hof ist aus jeder Himmelsrichtung von außen zugänglich. Im Norden und Westen durch umschlossene Durchgänge (jeweils mit verglaster Schallschutztür), im Süden durch die aufgelockerte Baukörperstellung die auch einen stärkeren visuellen Bezug von außen nach innen ermöglicht. Am Schnittpunkt der Wege im Innenhof wird eine den Gemeinschaftsräumen vorgelagerte, leicht erhöhte Terrasse mit Sitzstufen angeboten. Von dort Zugang zur Gemeinschaftsdachterrasse auf kurzem Weg.
Nutzungsverteilung
Die Ladenflächen besetzen das straßenseitige Erdgeschoss des Winkelbaukörpers nach Norden und Westen vollständig und sind somit auf bestmögliche Weise wahrnehmbar. Die Störungen (Treppenhäuser, Müll, TG-Zufahrt, Anlieferung) werden auf ein Minimum beschränkt und an unschädlichen Orten (z.B. im Nordosten des Grundstücks) gebündelt angeordnet.
Der westliche Durchgang ist an der Innenseite öffenbar, sodass sich die Fachabteilungen eines großen Marktes auch über die gesamte Fläche erstrecken könnten. Im Süden, zum Quartiersplatz, wäre eine gastronomische Nutzung wünschenswert.
Zur Belebung der Hoffläche öffnen sich im EG zwei schaltbare Gemeinschaftsräume nach Süden zu einer leicht erhöht liegenden Gemeinschaftsterrasse mit Sitzstufen und Blick auf den Innenhof (Feste feiern, informelles Treffen und Sitzen). Der Hausmeister könnte dort seinen Stützpunkt haben und gleichzeitig nach dem Rechten sehen. Von den Wohnungen auf der Westseite führen zwei leicht konstruierte Stahltreppen im Freien von den Terrassen im 1. OG zur Hoffläche (2 WE je Treppenzugang).
Das Erdgeschoss des Punkthauses ist aufgrund seiner Lage dem Wohnen vorbehalten, was ebenfalls zur Belebung des Innenhofs beiträgt und dem Charakter der Max-Bill-Straße in diesem Abschnitt entspricht, wodurch der Wohnhof zudem von Süden erlebbar wird.
In den Obergeschossen sind die Wohnungen im gewünschten Gemenge nachgewiesen. Das barrierefreie Untergeschoss weist alle notwendigen Flächen für Mieterkeller, Wasch- und Trockenräume, Räder, Technik und für die Tiefgarage nach.
Abgeschirmt durch einen für den Lärmschutz optimierten Sichtschutz für Technikaufbauten ist eine Gemeinschaftsdachterrasse mit Dachgarten auf dem Nordflügel mit Blick auf den Innenhof nach Süden vorstellbar. Über das angrenzende Treppenhaus wäre diese auf kurzem Weg mit dem Gemeinschaftsraum im EG verbunden.
Wohnungstypologie / Wohnungsgemenge / Barrierefreiheit
Die Wohnungen im Norden sind mit Ausnahme der Eckwohnungen mit Laubengangerschließung und reiner Südorientierung zum Innenhof vorgesehen. Dies ist einer Orientierung zum Frankfurter Ring klar vorzuzuziehen. Die Laubengangerschließung harmoniert mit der gewünschten, hohen Zahl an Kleinwohnungen, wodurch zudem die Zahl an erforderlichen Treppenhäusern (= Störung der Ladenzone) geringgehalten werden kann.
Die 3-Zimmer-Wohnungen im Westflügel sind mit einem in Ost-West-Richtung durchgesteckten Raum für Kochen, Essen und Wohnen vorgeschlagen. So profitieren diese Nutzungen gleichzeitig von der Westsonne (nicht öffenbare Fenster!) und der Lüftungsmöglichkeit zum ruhigen Innenhof. Alle Wohnungen erhalten großzügige Loggien mit hohem Wohnwert und großer Privatheit. Das EG des Punkthauses ist um 50 cm angehoben, um den Wohnbereich ohne Absturzsicherung gegen den öffentlichen Raum abzuheben. Die Südwohnungen des Punkthauses liegen zudem von der Straße zurückversetzt, damit sie ein schützendes Vorfeld zur Straße erhalten.
Das gewünschte Wohnungsgemenge wird punktgenau erfüllt. Die Vorgaben zu Wohnungsgrößen und Ausstattung (z.B. 2. DU/WC) sind ebenfalls eingehalten. Etwaige geringfüge Überschreitungen der Wohnungsgrößen ergeben sich allenfalls aus den großzügigen Loggien, was nicht nachteilig sein sollte.
Alle Ebenen des Gebäudes inkl. UG sowie die Freianlagen sind barrierefrei konzipiert. Alle Bäder (mit WM-Standplatz) und DU/WCs sowie die attraktiven, einläufigen Treppenhäuser mit Tagesbelichtung sind barrierefrei ausgelegt. Die Zahl der barrierefrei herzustellenden Wohnungen ist somit frei wählbar. Alle Küchen liegen an der Außenfassade. Die Grundrisse sind zwar offen konzipiert (was schöner ist), i. d. R. wären auf Wunsch aber auch herkömmliche Flure realisierbar.
Fassadengestaltung
Die Fassaden zum öffentlichen Straßenraum und die städtebaulich bedeutsamen Kanten werden mit einer robusten, steinernen Schale vorgeschlagen, die der urbanen Situation (und den Umwelteinflüssen am Frankfurter Ring) gerecht wird. Die im Grundsatz ruhige und stringente Fassadengliederung nach außen, die mit einem Fensterformat bei Wohnnutzung auskommt, sowie die fest am Boden stehenden Wandpfeiler unterstreichen diese Grundhaltung. Differenzierungen finden sich im Detail und bei unterschiedlichen Nutzungen (Wohnen / Gewerbe), sowie durch den Gebrauch (z.B. der Schiebläden).
Das Erdgeschoss ist bei Ladennutzung durch die Farbgebung des Materials und ein umlaufendes, schützendes Gesims abgesetzt. Auf den Hofseiten löst sich der Sockel in eine unregelmäßige Struktur mit gleicher Farb- und Materialwahl auf und erlaubt an jeder Stelle Öffnungen für die heute überwiegend noch unbekannte Nutzung, z.B. der Ladenebenraumzonen.
Der Sonnenschutz für die aus Lärmschutzgründen zur Westseite nicht zu öffnenden Fenster der Wohnungen in den Obergeschossen wird durch dreiteilige Schiebeläden aus pulverbeschichtetem Alu-Streckmetallgitter gewährleistet. Die Bedienung erfolgt von innen mittels Kurbel oder mechanischem Antrieb. Ein Revisionsflügel im Fenster gewährleitet den Zugang zur Wartung des Schiebeladens und des Fensters von außen. Brüstungs- und Laibungsbleche mit darauf abgestimmter Farb- und Materialwahl.
Das halb transparente Material der Schiebeläden (z.B. Streckmetall oder Metallgewebe) findet sich als feststehendes Element an den Treppenhäusern wieder. Dies gewährt Durchblicke bei Tag und macht den Treppenraum bei Nacht von außen noch stärker erlebbar.
Die geschützten, zurückliegenden Außenwohnbereiche zum Innenhof und nach Süden (Punkthaus) sind mit einer großzügigen und durchgehenden Zone aus vorgestellten Loggien ausgestattet. Die Loggiakonstruktion ist von der Fassade thermisch vollständig getrennt (Passiv-Haus) und in ein gliederndes Gerüst aus Betonbalken eingespannt. In der Stützenebene kann der Sonnenschutz geordnet mit Jalousien oder – wie vorgeschlagen – frei hängend als „curtain-house“ in Erscheinung treten. Die Architektur des Hauses verträgt diese Haltung.
Lärmschutz
Die schutzbedürftigen Aufenthaltsräume der Wohnungen besitzen zu den maßgebenden Lärmquellen keine öffenbaren Fenster, sondern verfügen im Sinne eines Passivhaus-Standards über Einrichtungen zur kontrollierten Wohnraumlüftung. Dennoch können alle Wohnungen vom ruhigen Innenhof natürlich belüftet werden. Die Durchgänge sind schalltechnisch verschlossen. Die TG-Zufahrt, Anlieferung und Müllabfuhr beeinträchtigen weder die eigene Wohnnutzung noch die Nachbarschaft. Ein ohnehin wünschenswerter Sichtschutz bei Technikaufbauten könnte schalltechnisch derart ertüchtigt werden, dass eine südorientierte Gemeinschafts-Dachterrasse möglich wird.
Abstandsflächen / Baurecht / Gestaltungsleitfaden
Die zur Verfügung stehende GF ist vollständig ausgeschöpft. Die Abstandsflächen und die weiteren Vorgaben des Bebauungsplans, der Auslobung und des Gestaltungsleitfadens werden im Grundsatz eingehalten. Die Engstelle zwischen Punkthaus und Winkelbau mit 5m Brandabstand (zur vollwertigen Belichtung) wurde aus den oben genannten städtebaulichen Gründen bewusst gewählt. Gesunde Wohnverhältnisse und die natürliche Belichtung und Belüftung sind durch die gewählte Bauweise und Grundrissanordnung nicht gefährdet.
Die unvermeidliche Überschreitung der GRZ von 0,8 durch Tiefgaragen wird durch eine Erdüberdeckung von 1m im begrünten Hofbereich ausgeglichen. Die GF-Überschreitungsmöglichkeit für Räder / KIWÄ / Müll im EG ist leicht übertreten (0,23%), dafür ist die zulässige GF für Gemeinschaftsräume nicht ganz ausgeschöpft.
Wirtschaftlichkeit / Nachhaltigkeit
Die Baukörper sind als einfache Kuben ohne kleinteilige Versprünge geplant, was der Wirtschaftlichkeit und dem Passivhausstandard dienlich ist. Die Fassadenelemente sind standardisiert, mit sehr hohem Wiederholungsfaktor und der Möglichkeit zur Vorfertigung. Dies rechtfertigt auch die Verwendung wertiger und nachhaltiger Materialien. Der Entwurf kommt mit insgesamt 4 Treppenhäusern und Aufzügen aus, was sich günstig in der Flächenbilanz und auf den Unterhalt auswirkt. Das Passivhaus ist mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung geplant, was sich allein schon aufgrund der hohen Lärmschutzauflagen anbietet. Strukturen mit Simsen, Mauernischen, Mauervorsprüngen, Nistbausteinen und Nistlochplatten kann auf den Hofseiten in die Loggiastrukturen integriert werden. Auf dem Westflügel sind großflächig Photovoltaikanlagen angedacht.
Freiraum
Im Unterschied zu den östlich angrenzen Wohnhöfen ist der Innenhof der Eckbebauung durch zwei Besonderheiten geprägt.
Zum Einen erhält der Hof seine östliche Begrenzung durch die Nachbarbebauung, das dazugehörige, bereits gestaltete Drittel gilt es in die Hofgestaltung zu integrieren. Zum Anderen fehlen die privaten Erdgeschossnutzungen im Hof. Erdgeschosswohnungen und damit Gärten konzentrieren sich auf das südliche Punkthaus und orientieren sich aufgrund der Belichtungsverhältnisse nicht zum Hof.
Dies eröffnet die Möglichkeit einer großzügigen Hofgestaltung unter Einbeziehung der angrenzenden Wiesen- und Rasenbereiche – auf eine Einfriedung zum Nachbarn wird verzichtet. Der entstehende ruhige Baumhof nimmt als Durchgangsraum sämtliche Wegebeziehungen auf und bindet diese auf direktem Wege an, er dient aber auch der Erholung der Anwohner. Am Kreuzungspunkt der Hauptwege befindet sich an zentraler Stelle die erhöhte Gemeinschaftsterrasse als Treff- und Aufenthaltsbereich für alle.
Kontrastiert wird die offenen Rasenflächen durch eine gärtnerisch gestaltete Zone. Durch die Verschiebung, Verengung und Verbreiterung des über Trittsteine führenden Weges verlangsamt sich die Bewegung und es stellt sich ein kontemplativer Umgang mit dem Raum ein. Lockere Gruppen aus schirmförmigen Großsträuchern spenden Schatten. Es bildet sich ein Mosaik aus Spielstationen, Bänken und bepflanzten Bereichen mit Stauden und Gräsern.
Der Gestaltungsleitfaden legt für den Hofbereich eine parkartige Bepflanzung fest. Die Pflanzung großer Bäume wird durch die Überdeckung der Tiefgarage mit 1 m in weiten Bereichen ermöglicht.
In Anlehnung an die Artenwahl des Nachbargrundstückes werden ebenfalls spät austreibende Scharlach-Eichen (Quercus coccinea) verwendet. Ergänzend dazu kommt aber früh blühender und austreibender Spitz-Ahorn (Acer platanoides) zum Einsatz. Die Wahl der Großsträucher der Gartenzone orientiert sich ebenfalls am Gestaltungsleitfaden, der für Wohnbereiche weiß- blühende Großsträucher vorsieht.
Stern-Magnolie (Magnolia stellata) und Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) ergänzen die frühe Blüte des Ahorns und lassen den Hof im Herbst – zusammen mit den Bäumen – in leuchtend rot und gelb erstrahlen.
Straßenraum
Für den Straßenraum der Max-Billl-Straße ist das Motiv des hoch gesetzten Sockels prägend. Dieses Thema wird an der Südseite aufgenommen und variiert – die Privatgärten des Punkthauses sind mit einer Mauer um 50 cm angehoben und mit einer Hecke hinterpflanzt.
Für den westlich liegenden Straßenraum wird vorgeschlagen, in regelmäßigem Rhythmus Fahrradständer angelagert an die Baumscheiben anzubieten, um die Nutzung der Läden durch Radfahrer attraktiver zu machen. Die verbleibende Gehwegbreite beträgt 3 m. Die Fahrradständer können zusätzlich von Anwohnern genutzt werden und ergänzen die Abstellbereiche im Innenhof und in der Tiefgarage.
Belagskonzept
Die Belagsbereiche bestehen aus einem durchgehenden Belag aus hellen Steinplatten – die Gemeinschaftsterrasse kann mit dem mit dem gleichen Belag evtl. in einem größeren Format realisiert werden.
Die Trittsteine werden als rostigen Metallplatten vorgeschlagen, um durch den warmen Farbton die Verbundenheit zum Boden betonen.
Die städtebaulich bedeutsame Eckbebauung an der Einfahrt in das Gelände der ehemaligen Funkkaserne wird als selbstbewusster, nach außen weitgehend geschlossener Kubus mit überwiegend 5 Geschossen vorgeschlagen. Das ausgedehnte Vorfeld der Wohnbebauungen am Frankfurter Ring wird durch einen 6-geschossigen Kopfbau aufgefangen. Die östlich anschließende, 300 m lange Lärmschutzbebauung und die Lärmschutzwände entlang des Frankfurter Rings finden hier einen angemessenen Abschluss.
Während sich der Gebäudekomplex nach außen – auch den Lärm-Immissionen geschuldet, bewusst schließt, öffnet sich die Fassade zum ruhigen Innenhof konsequent und heiter, um der hochwertigen und geschützten Wohnsituation auch im Freien gerecht zu werden. Der nördliche Schenkel der Bebauung folgt dem Winkel der Straße und betont die Sondersituation, gleichzeitig wird hierdurch der Wohnhof räumlich erweitert.
Die westliche Flanke der Neuplanung stellt gemeinsam mit der südlich angrenzenden Bebauung eine einheitlich 5-geschossige Begrenzung des öffentlichen Straßen- und Platzraums her, hinter der sich östlich die privatere und niedrigere Wohnbebauung an der Max-Bill-Straße mit überwiegend 4 Geschossen anschließt.
Das 4-geschossige Wohngebäude im Süden des Baugrundstücks greift den Duktus der Punkthäuser und Kopfbauten im weiteren Verlauf der Max-Bill-Straße auf. Seine Stellung ist mittig auf den Innenhof bezogen und beidseitig freigestellt, um den Hof räumlich zu fassen ohne ihn abzuriegeln.
Fahrerschließung / Parkierung / Anlieferung / Rettung / Müll
Die Tiefgaragenzufahrt und die Anlieferung für die Läden sowie die Unterbringung und Abfuhr des Mülls erfolgen auf kurzem Weg vom Frankfurter Ring am unempfindlichen nordöstlichen Eck des Baugrundstücks. Eine gewisse Umwegigkeit für die nach Westen ausfahrenden Fahrzeuge (Wenden an der nächsten Ampel) wird zugunsten der beschriebenen Vorteile bewusst in Kauf genommen.
Anlieferung entweder – bei kleineren Läden – im Freien direkt vor der Gebäudenordseite oder bei einer großen Ladeneinheit innerhalb des Gebäudes. Die erforderlichen 70 PKW-Stellplätze für die 64 Wohnungen und die Läden können in einem einfachen und übersichtlichen Tiefgaragensystem auf einer Ebene sowie unter Verzicht auf technische Parkierungsanlagen nachgewiesen werden.
Die Feuerwehrzufahrt (und die Anfahrt von Krankentransporten) erfolgt wie auf dem Grundstück des östlichen Nachbarn in der Hauptsache über einen Stich von der Max-Bill-Straße (auf ohnehin befestigten Wegeflächen), die im Einvernehmen der benachbarten Eigentümer – zum beiderseitigen Vorteil – auch zu einem „U“ geschlossen werden könnte.
Wohnungs- und Hofzugänge / Adressenbildung
Die fußläufige Erschließung der Treppenhäuser erfolgt jeweils direkt vom öffentlichen Straßenraum. Jeder Hauszugang verfügt somit über eine eigene, gut auffindbare Adresse.
Der Hof ist aus jeder Himmelsrichtung von außen zugänglich. Im Norden und Westen durch umschlossene Durchgänge (jeweils mit verglaster Schallschutztür), im Süden durch die aufgelockerte Baukörperstellung die auch einen stärkeren visuellen Bezug von außen nach innen ermöglicht. Am Schnittpunkt der Wege im Innenhof wird eine den Gemeinschaftsräumen vorgelagerte, leicht erhöhte Terrasse mit Sitzstufen angeboten. Von dort Zugang zur Gemeinschaftsdachterrasse auf kurzem Weg.
Nutzungsverteilung
Die Ladenflächen besetzen das straßenseitige Erdgeschoss des Winkelbaukörpers nach Norden und Westen vollständig und sind somit auf bestmögliche Weise wahrnehmbar. Die Störungen (Treppenhäuser, Müll, TG-Zufahrt, Anlieferung) werden auf ein Minimum beschränkt und an unschädlichen Orten (z.B. im Nordosten des Grundstücks) gebündelt angeordnet.
Der westliche Durchgang ist an der Innenseite öffenbar, sodass sich die Fachabteilungen eines großen Marktes auch über die gesamte Fläche erstrecken könnten. Im Süden, zum Quartiersplatz, wäre eine gastronomische Nutzung wünschenswert.
Zur Belebung der Hoffläche öffnen sich im EG zwei schaltbare Gemeinschaftsräume nach Süden zu einer leicht erhöht liegenden Gemeinschaftsterrasse mit Sitzstufen und Blick auf den Innenhof (Feste feiern, informelles Treffen und Sitzen). Der Hausmeister könnte dort seinen Stützpunkt haben und gleichzeitig nach dem Rechten sehen. Von den Wohnungen auf der Westseite führen zwei leicht konstruierte Stahltreppen im Freien von den Terrassen im 1. OG zur Hoffläche (2 WE je Treppenzugang).
Das Erdgeschoss des Punkthauses ist aufgrund seiner Lage dem Wohnen vorbehalten, was ebenfalls zur Belebung des Innenhofs beiträgt und dem Charakter der Max-Bill-Straße in diesem Abschnitt entspricht, wodurch der Wohnhof zudem von Süden erlebbar wird.
In den Obergeschossen sind die Wohnungen im gewünschten Gemenge nachgewiesen. Das barrierefreie Untergeschoss weist alle notwendigen Flächen für Mieterkeller, Wasch- und Trockenräume, Räder, Technik und für die Tiefgarage nach.
Abgeschirmt durch einen für den Lärmschutz optimierten Sichtschutz für Technikaufbauten ist eine Gemeinschaftsdachterrasse mit Dachgarten auf dem Nordflügel mit Blick auf den Innenhof nach Süden vorstellbar. Über das angrenzende Treppenhaus wäre diese auf kurzem Weg mit dem Gemeinschaftsraum im EG verbunden.
Wohnungstypologie / Wohnungsgemenge / Barrierefreiheit
Die Wohnungen im Norden sind mit Ausnahme der Eckwohnungen mit Laubengangerschließung und reiner Südorientierung zum Innenhof vorgesehen. Dies ist einer Orientierung zum Frankfurter Ring klar vorzuzuziehen. Die Laubengangerschließung harmoniert mit der gewünschten, hohen Zahl an Kleinwohnungen, wodurch zudem die Zahl an erforderlichen Treppenhäusern (= Störung der Ladenzone) geringgehalten werden kann.
Die 3-Zimmer-Wohnungen im Westflügel sind mit einem in Ost-West-Richtung durchgesteckten Raum für Kochen, Essen und Wohnen vorgeschlagen. So profitieren diese Nutzungen gleichzeitig von der Westsonne (nicht öffenbare Fenster!) und der Lüftungsmöglichkeit zum ruhigen Innenhof. Alle Wohnungen erhalten großzügige Loggien mit hohem Wohnwert und großer Privatheit. Das EG des Punkthauses ist um 50 cm angehoben, um den Wohnbereich ohne Absturzsicherung gegen den öffentlichen Raum abzuheben. Die Südwohnungen des Punkthauses liegen zudem von der Straße zurückversetzt, damit sie ein schützendes Vorfeld zur Straße erhalten.
Das gewünschte Wohnungsgemenge wird punktgenau erfüllt. Die Vorgaben zu Wohnungsgrößen und Ausstattung (z.B. 2. DU/WC) sind ebenfalls eingehalten. Etwaige geringfüge Überschreitungen der Wohnungsgrößen ergeben sich allenfalls aus den großzügigen Loggien, was nicht nachteilig sein sollte.
Alle Ebenen des Gebäudes inkl. UG sowie die Freianlagen sind barrierefrei konzipiert. Alle Bäder (mit WM-Standplatz) und DU/WCs sowie die attraktiven, einläufigen Treppenhäuser mit Tagesbelichtung sind barrierefrei ausgelegt. Die Zahl der barrierefrei herzustellenden Wohnungen ist somit frei wählbar. Alle Küchen liegen an der Außenfassade. Die Grundrisse sind zwar offen konzipiert (was schöner ist), i. d. R. wären auf Wunsch aber auch herkömmliche Flure realisierbar.
Fassadengestaltung
Die Fassaden zum öffentlichen Straßenraum und die städtebaulich bedeutsamen Kanten werden mit einer robusten, steinernen Schale vorgeschlagen, die der urbanen Situation (und den Umwelteinflüssen am Frankfurter Ring) gerecht wird. Die im Grundsatz ruhige und stringente Fassadengliederung nach außen, die mit einem Fensterformat bei Wohnnutzung auskommt, sowie die fest am Boden stehenden Wandpfeiler unterstreichen diese Grundhaltung. Differenzierungen finden sich im Detail und bei unterschiedlichen Nutzungen (Wohnen / Gewerbe), sowie durch den Gebrauch (z.B. der Schiebläden).
Das Erdgeschoss ist bei Ladennutzung durch die Farbgebung des Materials und ein umlaufendes, schützendes Gesims abgesetzt. Auf den Hofseiten löst sich der Sockel in eine unregelmäßige Struktur mit gleicher Farb- und Materialwahl auf und erlaubt an jeder Stelle Öffnungen für die heute überwiegend noch unbekannte Nutzung, z.B. der Ladenebenraumzonen.
Der Sonnenschutz für die aus Lärmschutzgründen zur Westseite nicht zu öffnenden Fenster der Wohnungen in den Obergeschossen wird durch dreiteilige Schiebeläden aus pulverbeschichtetem Alu-Streckmetallgitter gewährleistet. Die Bedienung erfolgt von innen mittels Kurbel oder mechanischem Antrieb. Ein Revisionsflügel im Fenster gewährleitet den Zugang zur Wartung des Schiebeladens und des Fensters von außen. Brüstungs- und Laibungsbleche mit darauf abgestimmter Farb- und Materialwahl.
Das halb transparente Material der Schiebeläden (z.B. Streckmetall oder Metallgewebe) findet sich als feststehendes Element an den Treppenhäusern wieder. Dies gewährt Durchblicke bei Tag und macht den Treppenraum bei Nacht von außen noch stärker erlebbar.
Die geschützten, zurückliegenden Außenwohnbereiche zum Innenhof und nach Süden (Punkthaus) sind mit einer großzügigen und durchgehenden Zone aus vorgestellten Loggien ausgestattet. Die Loggiakonstruktion ist von der Fassade thermisch vollständig getrennt (Passiv-Haus) und in ein gliederndes Gerüst aus Betonbalken eingespannt. In der Stützenebene kann der Sonnenschutz geordnet mit Jalousien oder – wie vorgeschlagen – frei hängend als „curtain-house“ in Erscheinung treten. Die Architektur des Hauses verträgt diese Haltung.
Lärmschutz
Die schutzbedürftigen Aufenthaltsräume der Wohnungen besitzen zu den maßgebenden Lärmquellen keine öffenbaren Fenster, sondern verfügen im Sinne eines Passivhaus-Standards über Einrichtungen zur kontrollierten Wohnraumlüftung. Dennoch können alle Wohnungen vom ruhigen Innenhof natürlich belüftet werden. Die Durchgänge sind schalltechnisch verschlossen. Die TG-Zufahrt, Anlieferung und Müllabfuhr beeinträchtigen weder die eigene Wohnnutzung noch die Nachbarschaft. Ein ohnehin wünschenswerter Sichtschutz bei Technikaufbauten könnte schalltechnisch derart ertüchtigt werden, dass eine südorientierte Gemeinschafts-Dachterrasse möglich wird.
Abstandsflächen / Baurecht / Gestaltungsleitfaden
Die zur Verfügung stehende GF ist vollständig ausgeschöpft. Die Abstandsflächen und die weiteren Vorgaben des Bebauungsplans, der Auslobung und des Gestaltungsleitfadens werden im Grundsatz eingehalten. Die Engstelle zwischen Punkthaus und Winkelbau mit 5m Brandabstand (zur vollwertigen Belichtung) wurde aus den oben genannten städtebaulichen Gründen bewusst gewählt. Gesunde Wohnverhältnisse und die natürliche Belichtung und Belüftung sind durch die gewählte Bauweise und Grundrissanordnung nicht gefährdet.
Die unvermeidliche Überschreitung der GRZ von 0,8 durch Tiefgaragen wird durch eine Erdüberdeckung von 1m im begrünten Hofbereich ausgeglichen. Die GF-Überschreitungsmöglichkeit für Räder / KIWÄ / Müll im EG ist leicht übertreten (0,23%), dafür ist die zulässige GF für Gemeinschaftsräume nicht ganz ausgeschöpft.
Wirtschaftlichkeit / Nachhaltigkeit
Die Baukörper sind als einfache Kuben ohne kleinteilige Versprünge geplant, was der Wirtschaftlichkeit und dem Passivhausstandard dienlich ist. Die Fassadenelemente sind standardisiert, mit sehr hohem Wiederholungsfaktor und der Möglichkeit zur Vorfertigung. Dies rechtfertigt auch die Verwendung wertiger und nachhaltiger Materialien. Der Entwurf kommt mit insgesamt 4 Treppenhäusern und Aufzügen aus, was sich günstig in der Flächenbilanz und auf den Unterhalt auswirkt. Das Passivhaus ist mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung geplant, was sich allein schon aufgrund der hohen Lärmschutzauflagen anbietet. Strukturen mit Simsen, Mauernischen, Mauervorsprüngen, Nistbausteinen und Nistlochplatten kann auf den Hofseiten in die Loggiastrukturen integriert werden. Auf dem Westflügel sind großflächig Photovoltaikanlagen angedacht.
Freiraum
Im Unterschied zu den östlich angrenzen Wohnhöfen ist der Innenhof der Eckbebauung durch zwei Besonderheiten geprägt.
Zum Einen erhält der Hof seine östliche Begrenzung durch die Nachbarbebauung, das dazugehörige, bereits gestaltete Drittel gilt es in die Hofgestaltung zu integrieren. Zum Anderen fehlen die privaten Erdgeschossnutzungen im Hof. Erdgeschosswohnungen und damit Gärten konzentrieren sich auf das südliche Punkthaus und orientieren sich aufgrund der Belichtungsverhältnisse nicht zum Hof.
Dies eröffnet die Möglichkeit einer großzügigen Hofgestaltung unter Einbeziehung der angrenzenden Wiesen- und Rasenbereiche – auf eine Einfriedung zum Nachbarn wird verzichtet. Der entstehende ruhige Baumhof nimmt als Durchgangsraum sämtliche Wegebeziehungen auf und bindet diese auf direktem Wege an, er dient aber auch der Erholung der Anwohner. Am Kreuzungspunkt der Hauptwege befindet sich an zentraler Stelle die erhöhte Gemeinschaftsterrasse als Treff- und Aufenthaltsbereich für alle.
Kontrastiert wird die offenen Rasenflächen durch eine gärtnerisch gestaltete Zone. Durch die Verschiebung, Verengung und Verbreiterung des über Trittsteine führenden Weges verlangsamt sich die Bewegung und es stellt sich ein kontemplativer Umgang mit dem Raum ein. Lockere Gruppen aus schirmförmigen Großsträuchern spenden Schatten. Es bildet sich ein Mosaik aus Spielstationen, Bänken und bepflanzten Bereichen mit Stauden und Gräsern.
Der Gestaltungsleitfaden legt für den Hofbereich eine parkartige Bepflanzung fest. Die Pflanzung großer Bäume wird durch die Überdeckung der Tiefgarage mit 1 m in weiten Bereichen ermöglicht.
In Anlehnung an die Artenwahl des Nachbargrundstückes werden ebenfalls spät austreibende Scharlach-Eichen (Quercus coccinea) verwendet. Ergänzend dazu kommt aber früh blühender und austreibender Spitz-Ahorn (Acer platanoides) zum Einsatz. Die Wahl der Großsträucher der Gartenzone orientiert sich ebenfalls am Gestaltungsleitfaden, der für Wohnbereiche weiß- blühende Großsträucher vorsieht.
Stern-Magnolie (Magnolia stellata) und Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) ergänzen die frühe Blüte des Ahorns und lassen den Hof im Herbst – zusammen mit den Bäumen – in leuchtend rot und gelb erstrahlen.
Straßenraum
Für den Straßenraum der Max-Billl-Straße ist das Motiv des hoch gesetzten Sockels prägend. Dieses Thema wird an der Südseite aufgenommen und variiert – die Privatgärten des Punkthauses sind mit einer Mauer um 50 cm angehoben und mit einer Hecke hinterpflanzt.
Für den westlich liegenden Straßenraum wird vorgeschlagen, in regelmäßigem Rhythmus Fahrradständer angelagert an die Baumscheiben anzubieten, um die Nutzung der Läden durch Radfahrer attraktiver zu machen. Die verbleibende Gehwegbreite beträgt 3 m. Die Fahrradständer können zusätzlich von Anwohnern genutzt werden und ergänzen die Abstellbereiche im Innenhof und in der Tiefgarage.
Belagskonzept
Die Belagsbereiche bestehen aus einem durchgehenden Belag aus hellen Steinplatten – die Gemeinschaftsterrasse kann mit dem mit dem gleichen Belag evtl. in einem größeren Format realisiert werden.
Die Trittsteine werden als rostigen Metallplatten vorgeschlagen, um durch den warmen Farbton die Verbundenheit zum Boden betonen.
Wettbewerb
Goergens Miklautz Partner GmbB
als Entwurfsverfasser:
Christian Weigl, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt und Stadtplaner
Svea Erdmann, Dipl.-Ing. (FH.) Landschaftsarchitektin
Claudia Ruf, Dipl.-Ing. (FH.) Landschaftsarchitektin
als Entwurfsverfasser:
Christian Weigl, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt und Stadtplaner
Svea Erdmann, Dipl.-Ing. (FH.) Landschaftsarchitektin
Claudia Ruf, Dipl.-Ing. (FH.) Landschaftsarchitektin
als Mitarbeiter:
Florian Brummann, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt
Hedi Nick, Dipl.-Ing. (FH) Architektin
Christina López Lindemann
Brandschutzberatung
Kerksen+Kirchner GmbH, Chrstian Leis, München
Immisionsschutz
Fa. Imakum, Andreas Frahm, München
Modellbau
Martin Kratzer, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt (Bures + Kratzer)