Ortskern Ramersdorf, München, Wettbewerb 1. Preis
Realisierungswettbewerb, Rahmenplan
Preisgericht
10/2013 – 1. Platz
Baujahr
2013-2018
Bauherr
Landeshauptstadt München
Der historische und als Denkmalensemble geschützte Ortskern von Ramersdorf soll so weiterentwickelt werden, dass die heute existierenden, vielfältigen negativen Einflüsse auf ein Mindestmaß zurückgeführt und die vorhandenen Potentiale möglichst wirkungsvoll gefördert werden. Die wesentlichen Maßnahmen sind:
1. Entwicklung eines lebensfähigen Ortskerns durch eine ausgewogene Mischung aus Einzelhandel für den täglichen Bedarf, Gemeinschaftseinrichtungen und hochwertiger Wohnnutzung.
2. Enge und attraktive Verflechtung des Alten Ortskerns Ramersdorf mit der Mustersiedlung anstelle der heutigen Trennung.
3. Stärkung von Qualität und Zuordnung von öffentlichen Freiflächen und Grünstrukturen.
Vorgeschlagen werden im Einzelnen:
– Bündelung der beiden Äste der Rosenheimer Straße auf einer gemeinsamen Trasse mit begrüntem Mittelstreifen als Querungshilfe und als Wendemöglichkeit.
– Gewährleistung des Schallschutzes für die Mustersiedlung im Wesentlichen durch die Fortführung bestehender Wälle (begrünt, erleb- und bespielbar) mit H=4m, was für den Schallschutz ausreicht, jedoch ohne abriegelnde Wirkung.
– Maßstäbliche Vervollständigung der heute fragmentierten Baustrukturen in der Ortsmitte Ramersdorf zu einem ablesbaren Ganzen, teils auf den durch die Straßenumlegung frei werdenden Flächen und unter Berücksichtigung insbesondere des Denkmalschutzes und der Anforderungen an die Lebensqualität durch wirksamen Schallschutz zu den Lärmquellen.
– Klare Abgrenzung zwischen den Stadtstrukturen im Norden, der (Muster-) Siedlung im Westen und (Ramers-) Dorf, formal durch Beachtung der jeweiligen Bautypologien und räumlich durch die vorgesehenen Grünzüge. Kein Verwischen der Grenzen.
– Befreiung des Kirchenvorplatzes vom Fahrverkehr durch Anschluss der Aribonenstraße an die Rosenheimer Straße, hierdurch auch bessere Verknüpfung der Ortsmitte mit der Mustersiedlung.
– Neuinszenierung des Wallfahrtswegs im geplanten Grünzug abseits befahrener Straßen; weiterhin Freistellung der Kirche St. Maria, die im Zentrum der vorhandenen und geplanten Baustrukturen steht.
– Weitgehende Freihaltung der bisherigen Sichtachsen zur Kirche St. Maria, insbesondere in Richtung des Stadtgebiets, zur Mustersiedlung und in die Grünzüge. Bauliche Ergänzungen werden darüber hinaus ohne Profil überragende Elemente vorgeschlagen, so dass die Dominanz des Kirchenbauwerks in jeder Richtung sichtbar erhalten bleibt.
– Alle publikumswirksamen Einrichtungen wie Alter Wirt, Gaststätte Zar, Jugendheim, Markt, Läden und Kirche sind befreit von der Schneise der Durchgangsstrasse und stehen nun in einem völlig neuen, über Wege, Plätze, verkehrsberuhigte Zonen und Grünflächen bewusst gestaltetem Zusammenhang.
– Steigerung der Vitalität als Einzelhandelsstandort durch gezielte Ergänzungen mit einem Markt und weiteren Läden, deren örtliche Lage, Sortiment und Erschließung eine Bereicherung und keine Belastung für die bestehenden Strukturen darstellen.
– Umbau der Aribonen- und der Ramersdorfer Straße zum Verkehrsberuhigten Geschäftsbereich mit Begrenzung auf Tempo 20 und der Möglichkeit zum höhenfreiem Ausbau.
– Die öffentlichen Einrichtungen (Kindertagesstätte und Jugendheim) sind den geplanten Grünzügen zugeordnet und über die zurück gebaute Kirchseeoner Straße mit durchgehender mittlerer Querungszone (Mittelgrünstreifen 2m) sehr gut mit der Führichschule, dem angrenzenden Kindergarten, dem Hort und der Dreifachturnhalle (auch Versammlungsstätte) verknüpft.
Grundzüge der Planung in der Ortsmitte
– Westlicher Bereich: Ergänzung der bisher isolierten Häuserzeile südwestlich der Aribonenstraße zu einer vor Lärm geschützten, großzügigen Hofsituation, die im Westen dem Verlauf der Rosenheimer Straße folgt und deren Maßstäblichkeit Bezug zu den bestehenden Baustrukturen der Ortsmitte aufnimmt. Städtebauliche Integration des Baudenkmals am Innsbrucker Ring auf eine Art und Weise, die dieses dennoch weiterhin eigenständig in Erscheinung treten lässt.
– Mittlerer Bereich: Schalltechnisch wirksame Ergänzung der Bebauung am Innsbrucker Ring. Hierzu wäre eine Überbauung oder Neuorganisation der heute dort vorhandenen Tiefgaragenrampe sinnvoll. Nördlich im Anschluss Neubau des Eckgebäudes. Das neue Pfarrheim und das Aufgreifen und Fortführen der im Bestand vorhandenen Mauereinfriedungen (mit neuem begleitendem Weg) schaffen einen abgeschirmten Außenraum für den Pfarrgarten sowie einen prägnant gefassten Straßenraum in der Aribonenstraße, der homogen an das bereits eingefriedete Kirchengrundstück anschließt.
– Nördlicher Bereich: Langfristig Entwicklung einer schallwirksamen Randbebauung am Innsbrucker Ring, in kommunischer Bebauung auch abschnittweise realisierbar. Westlich im Anschluss Vervollständigung der bestehenden Bebauung zur einer lockeren Abfolge geschützter Innenhöfe, u. a. mit Unterbringung der Kita (und unter Berücksichtung der Grundstücksgrenzen). Der nördlich angrenzende, bestehende Grünzug öffnet sich zur Ortsmitte mit Festwiese, Gastronomie etc., und verjüngt sich bewusst zur Lärmquelle Innsbrucker Ring.
Grün- und Freiflächenkonzept
– Die Ortsmitte Ramersdorf bleibt ein von Grünflächen umgebenes Dorfgebiet. Die angrenzenden Wiesenflächen sollen Ihren eher dörflichen Charakter durch die Ansaat von Blumenwiesen in den noch nicht mit Baumbestand bewachsenen Bereichen behalten.
– Der bestehende Grünzug, aus dem Bereich nördlich der Mustersiedlung kommend, reicht in der Ortsmitte in voller Breite direkt bis zur Kirche St. Maria heran. Dort wird der neue Wallfahrtsweg inszeniert.
– Der Wallfahrtsweg wird nach historischem Vorbild durch eine dicht gesetzte Lindenbaumreihe begleitet, die in der Aribonenstraße in anderer Form bzw. mit weiterem Abstand fortgeführt wird.
– Für die neu zu pflanzenden Bäume in freien Wiesenflächen werden locker gestellte, dorfgebietstypische, blühende Obstgehölze, wie Prunus avium vorgeschlagen, während die Hofsituationen mit kleinkronigen Zierobstgehölzen in typischen Rasterpflanzungen dem dörflichen Thema treu bleiben könnten.
– Im Bereich der Rosenheimer Straße wird die vorhandene Grünfläche östlich der Mustersiedlung vollständig erhalten und durch die Wallbegrünung in ihrer Ausdehnung verdoppelt. Auf der vom Lärm abgewandten Wallseite können Spiel- und Erlebnisangebote geschaffen werden (Spielplatzseilbahn, Rodeln im Winter etc.), die über den Aussichtsweg auf dem Wall für alle gut erreichbar sind.
– Der 6m breite Mittelgrünstreifen der Ramersdorfer Straße reduziert die negativen Auswirkungen des Straßenraums und ermöglicht an jeder Stelle ein sicheres Queren für Fußgänger und Radfahrer. Die Querungen werden durch die Schaffung von Baumtorsituationen akzentuiert und stellen ein gut sichtbares Signal für den Fahrverkehr dar.
– Der Grünzug nördlich der Ortsmitte bleibt im Grundsatz erhalten und verjüngt sich zur Lärmquelle Innsbrucker Ring, was die Aufenthaltsqualität der verbleibenden Bereiche, z.B. bei Veranstaltungen auf der Festwiese, erhöht.
als Entwurfsverfasser:
Gert F. Goergens, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt und Stadtplaner
Rudolf Miklautz, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt und Stadtplaner
Christian Weigl, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt und Stadtplaner
Claudia Ruf, Landschaftsarchitektin
Svea Erdmann, Landschaftsarchitektin
Anne Baumgartner, Dipl.-Ing. (Univ.) Landschaftsarchitektin
als Mitarbeiter:
Florian Brummann, Dipl.-Ing. (Univ.) Architekt
David Lindner, Dipl. -Ing. Architekt
Christina López Lindemann
Vanessa Dörges, Stadtplanerin